Dienstag, 19.11.96
Am morgen werden wir als Service des Hauses von den servierenden Jungs am Frühstückstisch massiert. Dann geht’s auf zu den Besichtigungen in Mandalay
. Zuerst der Shwenandaw Kyaung mit viel Holzschnitzerei, teilweise restauriert, aber recht gut. Innen einige Darstellungen des Jataka aus den letzten Leben des Buddha einschließlich als Siddharta. Das Gebäude
stand ursprünglich innerhalb der Palastmauern und wurde 1880 von König Thibaw an den jetzigen Standort versetzt, daher ist das jetzt als Kloster benutzte Gebäude das einzig erhaltene aus dem
ehemaligen Palast, da die Gebäude innerhalb der Palastmauern 1945 durch Feuer zerstört wurden.
Die Kuthodaw Pagode ist eine sehr schöne Anlage und strahlt viel Ruhe aus. Sie ist das Größte Buch der Welt, der gesamte Tripitaka ist hier in Sanskrit in
Marmor gemeißelt, die Buchstaben waren ursprünglich mit Gold ausgelegt. Über jeder der 729 Marmorstelen mit einem Textabschnitt ist eine kleine offene Pagode gebaut, sie stehen in drei Reihen
im Geviert um die zentrale Stupa, die nach dem Vorbild der Shwezigon von Bagan gebaut ist. Die Texte entstanden in 8 Jahren nach 1872, zweitausend
Mönche waren dabei beschäftigt. Eine neuere Abschrift der Texte füllt 38 Bände zu je 400 Seiten.
Nachdem ich eine Kleinigkeit in eine Donation Box gegeben habe, wird von einem alten Mann heftig ein Gong geschlagen und laut meine Verdienste und Segenswünsche für mich verkündet.
Maha Muni ist nach der Shwedagon – Pagode das bedeutendste buddhistische Heiligtum für Burmesen. Die Statue ist fast 2000 Jahre alt,
Archäologen datieren ihre Entstehung auf 146 nach Christus. Burmesen ( und mit ihnen viele Gläubige aus anderen Ländern) glauben allerdings, daß es sich bei der Maha Muni Statue um eine der 5
Bildnisse Buddhas handelt, die zu seinen Lebzeiten entstanden ist, nach der Legende wurde sie von Sakka, dem König der Götter in einer Woche geschaffen, während Buddha meditierend unter
einem Bodhi – Baum saß. Außer dem Gesicht ist die gesamte Statue einschließlich der großen Juwelen im Kopfschmuck und auf der Brust komplett mit Blattgold überdeckt, die Statue ist dadurch schon
etwas aus der Form geraten und wirkt etwas unförmig. Hier spürt man, daß man an einem zentralen Heiligtum ist, viele Betende sitzen am Boden vor der Figur, ab dem vorderen Abschnitt ist
Fotografierverbot, hier sitzen die Gläubigen, Mönche und auch Laien, in stiller Andacht, teilweise in Meditation versunken, meist gleitet die
Gebetskette durch die Finger. Frauen dürfen nur bis zu dem Bereich, in dem auch das Fotografieren noch erlaubt ist, sie sitzen daher hinter dem Bereich
der Männer, um zu beten. Einige Touristen fotografieren trotz der großen Verbotsschilder, es gibt Troubel, zunächst wird versehentlich Kyaw
angegriffen, weil die Wächter meinen, er sei der Führer dieser Gruppe. Das klärt sich aber schnell auf, und die andere Gruppe wird vom Platz verwiesen.
Ich denke deren Führer bekommen Schwierigkeiten. Werner und ich gehen zur Figur auf das Podest, ein Wächter schenkt uns Blattgold, das wir auf die
Figur kleben, wie viele Pilger auch. Manche Leute legen ihre Gebetsketten auf die Figur, sie werden nachher wieder hinuntergegeben, die Gebetskette erhält dadurch eine besondere Kraft.
In einer anderen Ecke der Pagode werden Buddhafiguren mit Wasser begossen, wie wir das vor allem in der Shwedagon schon gesehen haben. Ein Museum enthält Gaben, die an die Pagode gegeben wurden. Unter anderem
steht dort ein Pfahl aus dem besonderen Holz, aus dem auch die Perlen der Gebetsketten gemacht werden. In einer kleinen, häßlichgrün gestrichenen
Seitenhalle stehen bronzene Figuren, zwei Tempelwächter mit typischen Khmer - Gesichtern, Löwenköpfe und ein dreiköpfiger Elefant. Die Figuren stammen aus Angkor (Kambodscha) und kamen vor langer Zeit über
Thailand hierher, teilweise weisen sie deutliche Schäden auf mit Löchern und abgebrochenen Stücken, ursprünglich waren es 30 Figuren, 24 wurden von
König Thibaw eingeschmolzen und zu Kanonen verarbeitet. Den Figuren werden heilende Kräfte zugeschrieben, die Leute gehen vorbei und streichen
über die Stellen der Körper, wo bei ihnen das gesundheitliche Problem ist, einige Stellen sind daher schon ganz blank, bei den Löwen sind das vor allem
die Köpfe, da diese bei den Wächterfiguren wegen ihrer Größe nicht erreichbar sind, sonst vor allem Bauch, Knie und Füße. Die Maha Muni Pagode ist sicherlich eines der beeindruckendsten Beispiele der lebendigen
Frömmigkeit.
Dann haben wir eine Tempelpause. Wir besuchen in einer kleinen Nebenstraße, dort gibt es keinen Straßenbelag mehr, die Goldschläger. 5 Stunden wird das Gold
geschlagen, in Abschnitten zu jeweils 3 Minuten mit insgesamt 130 Schlägen. Diese Zeit wird mit einer angebohrten Kokosnußschale gemessen, die ins Wasser gesetzt wird, wenn sie untergegangen ist, ist
Pause. Der Hammer wiegt 7 Pfund. Das Gold wird sehr dünn ausgewalzt geliefert, geschlagen wird in 3 Schritten. Ein Ausgangsstück mißt ca. 1x1 cm, nach dem Schlagen wird es in 6 ungefähr wieder so große
Teile geteilt und erneut geschlagen. Das Endprodukt hat also die 216fache Fläche. Die Blättchen von ca. 5 x 5 cm werden dann meist a 5 Stück verkauft für
circa 100 K. Nach den Goldschlägern besuchen wir den Betrieb, wo Frauen die Arbeit des Schlagens vorbereiten, indem sie die Goldblättchen zwischen
Pergamentblätter legen und das ganze dann als ungefähr 5 cm dicken Packen in eine Art Ledertasche stecken. Hinterher werden dann die ausgeschlagenen Goldblättchen einzeln auf kleine Pappquadrate gelegt und
auf die richtige Größe geschnitten oder kleine Teile angelegt, so daß Quadrate entstehen.
Dann gehen wir in eine Werkstatt, wo die typischen Wandbehänge gefertigt werden. 4 Frauen arbeiten an einem Stück, nach dem, was ich sehe, sicher einige Tage. Diese Wandbehänge (kalagas
) werden mit Glasperlen und Metallplättchen bestickt und stellen meist Motive aus Religion und Legende dar. Hatto kauft ein Stück, auf dem die Geschichte dargestellt ist, wie Garuda
und Naga miteinander kämpfen, ich kaufe einen teureren für immerhin 11.000 K mit einer Szene aus einem früheren Leben Buddhas.
Nach dem Lunch fahren wir nach Amarapura und überqueren zu Fuß die U Bein Brücke, die längste Teakholzbrücke der Welt.
Der See, über den sie führt, ist jetzt als Reservoir aufgestaut und trocknet daher nicht mehr so schnell aus wie früher, aber er ist sehr flach. Auf der
Brücke ist recht ordentlich Verkehr, wenn man bedenkt, daß nur ein kleines Dorf am anderen Ufer liegt. Wir sehen einen Mönch, der Eis schleckt. Überhaupt scheinen einige Mönche hier in Myanmar sehr locker, einen
anderen sehen wir mit zwei Novizinnen spazieren (das können natürlich auch Verwandte sein), auch früher schon haben wir aber Mönche und Nonnen zusammen auf der Strasse gesehen. Im Dorf am anderen Ende der
Brücke sehen wir beim Körbeflechten zu, die Körbe werden aus Palmblättern hergestellt, bei den großen Körben sitzt der Flechter im Korb. Zurück fahren wir (außer Ulla) mit dem Boot, da sehen wir die Brücke auch
von unten. Bei Innwa (die Besichtigung des Orts sparen wir uns) fahren wir über die einzige Brücke über den Ayerwaddy nach Sagaing. Zuerst fahren
wir mit unserem Bus zur "Aussichtspagode" (Ponnya Shin Pagode, erbaut 1312, heute ausgestattet mit viel schreibunt glasierten Keramikplättchen und Spiegeln). Auf dem Stupa sind Reliefs von einer Art
Seeungeheuermasken, Ogres. Von hier hat man einen sehr schönen Blick über die Pagoden und die Hügel von Sagaing und über den Fluß.
Wir fahren dann zu einem Kloster, wo wir übernachten wollen. Alles sind hier Steinbauten, relativ modern. Kyaw fragt zuerst beim Sayadaw nach und
wir werden empfangen und befragt nach Namen und Stand und ob wir an der Meditation teilnehmen wollen. Es stellt sich aber heraus, daß außer dem
Abt keine weiteren Mönche existieren. Nach dem Abendessen erhalten wir eine Unterweisung in Meditation (natürlich nur die Anfangsgründe) und
meditieren dann 25 Minuten im Schneidersitz, anschließend noch ¼ Stunde walking meditation. Zuvor aber erzählt er uns von sich, er hat in USA am
MIT studiert, war Ingenieur, spricht englisch, japanisch und etwas deutsch, er war kurz nach dem Krieg in Deutschland. An der Wand hängt eine
Ausgabe von Newsweek mit ihm auf dem Titel. Dann beobachten wir von der etwas höher stehenden Pagode aus den Sonnenuntergang und gehen zum Abendessen in die Stadt. Heute passiert die Abendtoilette auf
burmesisch, man trägt den Longgyi und schüttet das Wasser über sich. Auch zu der anschließenden Meditation trage ich einen Longgyi, den mir Kyaw
leiht. Das findet das Wohlgefallen des Sayadaw und ist auch sehr angenehm, es erleichtert das Sitzen. Unsere Burmesen halten die Meditation aber nicht
durch, sie gehen schon mal schlafen. Der Abt hat zwei Frauen zu seiner Betreuung, eine handfeste Ältere (die gut englisch spricht) und eine jüngere,
und es gibt einen älteren Mann, der auch in walking meditation begriffen ist, als wir aus dem Haus kommen. Der Abt hat Bluthochdruck, er berichtet, daß
er bereits eine "heart attack" und einen Schlaganfall hatte mit Sprachlähmung, die sich aber zurückgebildet hat. Ich messe ihm auf seinen
Wunsch hin seinen Blutdruck und schlage eine Dosiserhöhung seines Mdikaments vor. Es gibt in Sagaing ein extra Krankenhaus für Mönche.
Wir wohnen in einem extra Gästehaus, die beiden Frauen kümmern sich sehr, sie bringen uns Matten und bieten auch Moskitonetze an, die nehmen wir aber nicht, da es sowieso kaum Moskitos gibt.
In Burma gibt es verschiedene Arten von Klöstern, zum einen zur Meditation, wie wir es in Sagaing besucht haben. Zum zweiten - wie die meisten - zur Unterweisung von Mönchen.